Definitiv

DEFINITV

 

1981

Citylife - typisch 80er

 

Citylife - typisch 80er

"Selten, - aber es soll vorkommen - gehe ich an ein Konzert nach Zürich. Zürich war für mich immer schon der Inbegriff von Hyper-Styling. Eine hypergestylte Stadt mit hypergestylten Leuten. Dort scheinen nicht nur sämtliche Bürohäschen fünf Zentimeter längere Absätze und fünf Zentimeter kürzere Röckchen zu tragen, - auch das Konzertpublikum präsentiert sich ausschliesslich im sichtlich ausgefallenen Individualitäts-Einheits-Look. Schwarz und die extrem schrillen Accessoires herrschen vor. Zugegeben, dem Bauern klappt ob diesem Anblick die Kinnlade nach unten und wirft verstohlene Blicke auf vielen Leute, die seine Anwesenheit und sein ungelenkes Benehmen mit Ignoranz oder höchstens einem spöttischen Lächeln quittieren. Dem Provinzler zieht ein leiser Hauch der grossen und weiten Welt durch die Nase. Ein bisschen beginnt er zu ahnen wie es sein muss, frei und wirklich anders zu sein. Spätestens nach einer Viertelstunde jedoch machen sich erste Zweifel an seiner schnell gefassten Vorstellung bemerkbar, denn er stellt fest, dass auch hier das Gefühl von Freiheit nicht länger als eine Zigarette andauert. Es passiert absolut nichts - man wartet, wie gesagt. Vielleicht könnte man meinen (unser Bauer tut dies), dass das Warten dem Konzertbeginn gälte. Steht dann aber die Band auf der Bühne, hat sich am Bild überhaupt nichts geändert.
Den leeren Gesichtern sieht man an, dass man sich angestrengt einredet, wichtig und bedeutsam zu sein. Nur drei Dinge scheinen auf der Welt wirklich zu zählen: Dem Ritus des Zigaretten-aus-der-Schachtel-holen-und-anzündens zu huldigen, Leute zu kennen (leichtes Kopfnicken nach links und rechts), - und ein Bierchen zu trinken... Du weisst ja, man braucht das irgendwie in unsern Zeiten. Die Bands sind meist schlecht und man kann sich nur schwerlich ans letzte Mal erinnern, als man getanzt und geschwitzt hat. Die Langeweile weicht auch dann nicht, wenn drei Meter nebenan von einem Dutzend der allgegenwärtigen Punkepigonen mit Nietengürteln und Nagelschuhen auf eine weinend am Boden liegende Frau einschlagen wird. Nur schon, weil man ja kein Hippie ist und sich über ein aufgeklärtes Verhältnis gegenüber der Gewaltfrage ausweisen kann. Unser Bauer beginnt sich plötzlich in seine so oft geschmähte Dorfdisco zurückzuziehen und ist froh, als das Konzert bald zu Ende ist. Enttäuscht klemmt er sich zu seinen Bauernfreunden in den klapprigen Datsun und fährt in sein Dorf zurück."
(Stephan Ramming aus Thayngen SH, 'Tell' 14/83)

soundtrack

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