1979
Rock als Revolte
Hohl-Stock wood is coming:
Hippies hin oder her, man kann von Woodstock halten was man will - Open Air gibt jedem Sound einen "Hauch von Freiheit und Abenteuer", den Background von Festival. Warum lassen wir uns eigentlich so gleichgültig von Agenturen und Managern in überfüllte, verrauchte Säle pferchen, für deren hohe Mieten wir ausserdem auch noch zu zahlen haben? Auch wenn gestürmt wird, so gibt es doch jedes Mal die grosse Mehrheit, die schweigend Billetverkauf und Türkontrollen hinnimmt. Warum bestehen wir nicht auf unserem Recht in den Strassen und Plätzen, Wiesen, Wäldern zu liegen, zu tanzen, Musik zu machen? Warum anerkennen wir das Bullengesetz, das uns als eingemietete Gäste in unserer eigenen Stadt behandelt, das vorschreibt, sich in unsern eigenen Strassen wie in einem Gefängnishof zu bewegen (liegen, sitzen verboten?) Wenn ein Open Air Action und erst noch mit Sound läuft, wird einem wieder einmal bewusst, wieviel wir uns eigentlich so tagein tagaus nehmen lassen.
(...)
Die genannten Leute haben frühmorgens in einem Wald nahe Zürich vier Bäume ausgegraben und im Sihltal einen Lastwagen voll Walderde geholt. Autowracks gibts in der Stadt genug: punkt 4 Uhr nachmittags wurden drei abgetakelte Dööschwos in einer Reihe quer über die Hohlstrasse gestellt, ihre Räder abgeschraubt, mit Erde gefüllt und schliesslich mit den Bäumen bepflanzt. Die Ratz und die Niederdorf-Rock-Gruppe installierten während dem hinter dieser Barrikade ihre Anlagen - und nach kurzer Zeit ging das Festival los, an dem schon bald 400 Leute mitmachten. Zuvor geklaute Polizeiabschrankungen (bei Schützenfestern, Feuerwehrübungen und ähnlichen Katastrophen abzuholen), Abbiege- und Umleitungssignale, sowie mit quergestellten Wagen verstopfte Seitenstrassen sorgten dafür, dass das Fest bis gegen zwei Uhr morgens problemlos über die Strasse ging. Die genarrten Bullen liessen im Hintergrund wohl fassungslos die Kiefer hängen."
(aus: "Stilett". Nr.50, 6.79)
Kulturkampf
"Wir rrrotteten uns langsam, ohne Hast und ohne erkennbaren Plan zusammen, immer weiter vorne. Unterdessen füllten wir die ganze Breite des Saales aus. Zuvorderst die mit den Lederjacken zur Einschüchterung. Die Good News-Leute spannten es langsam: vor ihnen - sie waren etwa zu siebt und standen ein paar Treppenstufen höher - standen 200 frech grinsende Leute, die keine Anstalten machten, ein Ticket vorzuweisen. Überhaupt machten wir nix, wir standen nur da und grinsten die Würstchen da oben an, und das machte sie nun echt fertig. Sogar der Zumstein persönlich erschien und stellte sich vor uns, aber bald checkte er, was da auf ihn zukommt und er rettete seine Bügelfalten in ein Hinterzimmer. Und wir standen immer noch da und sonst nix. Wir wussten wirklich selber nicht, wie's losgehen sollte, doch der rettende Einfall kam, auf den wir hier natürlich nicht ganz genau eingehen, früh genug und wir lachten die Buben wieder an."
(Das Konzert von Jimmy Cliff im Limmathaus soll gestürmt werden - aus "Stilett" Nr.50, Juni 1979)
"Wir setzen uns für folgende Ziele ein:
- " Dass 'Good News' und alle andern Konzert Veranstalter ihre Buchhaltung offen führen, damit wir Konzert-Besucher sehen, wie sich die Eintrittspreise zusammensetzen.
- Dass uns die Stadt Zürich innert nützlicher Frist einen Saal zur Verfügung stellt, wo wir unsere eigenen Konzerte organisieren können
- Dass nicht nur Kulturanlässe für Bürger subventioniert werden, sondern auch Rockkonzerte, welche nicht aus kommerziellen Gründen gemacht werden, unterstützt werden
- Dass sich Musiker und Gruppen zusammenschliessen, um Konzerte, Plattenaufnahmen und Vertrieb in die eigenen Hände zu nehmen."
("Rock als Revolte" - Ziele, Flugblatt. 1979)