2004
Rockt das Konzert
Die jungen Vögel hatten offenbar gemerkt, wie gut die Alten gepfiffen hatten. Und wenn ihr Rock zwar die Augen im Rücken hatte – er stand gut da und hatte mehr Saft in den Knochen als vieles, was wir in den Jahren zuvor gehört hatten. [...] Solange die Rückschau als Zündfunke funktioniert, ist nichts dagegen einzuwenden. Spannend genug, wenn heutige Zwanzigjährige die Avantgarde von einst zu ihrer Gegenwart erklären, womöglich war ja – um mit Tocotronic zu sprechen – die Idee damals gut, «doch die Welt noch nicht bereit».
(Marcel Elsener, Die Wochenzeitung, 17.6.2004)
Oliver Zemp (Abart): «Die Konzertszene in Zürich boomt, das ist richtig. Das liegt auch an Zürich als einer Medienstadt. Die internationale Ausstrahlung, das Renommee ist gross. Wenn Musiker in die Schweiz kommen, dann wollen sie deshalb zumeist in Zürich spielen.»
Arnold Meyer (Rohstofflager): «Es gibt heute sicherlich ein Comeback von Hip-Hop, Rock und Pop, alle anderen Stilrichtungen haben im Moment nur eine marginale Bedeutung. Auch wir im Rohstofflager ergänzen unser Party-Angebot deshalb vermehrt mit Konzerten. In Zürich gibt es eine Party-Übersättigung. Sie ist zurückzuführen auf die fünfhundert Lokale – von den Bars bis zu den Technoklubs –, die nach Mitternacht noch geöffnet sind.»
Oliver Zemp: «Der Grund, warum wir das Abart eröffneten, war damals gerade die dominante DJ-Welle. Wir waren eine Gruppe passionierter Rockfans. Wir wollten einen anderen Akzent setzen. Wir dachten uns: Wenn sonst niemand mehr auf Live-Musik setzt, wollen wir das nun selbst an die Hand nehmen.»
André Béchir (Good News): «Wir bei Good News sind froh. Wir haben immer gesagt: Die Live-Musik wird wieder kommen. Denn Musik aus der Konserve kann die Leute auf die Dauer nicht zufriedenstellen. Das Publikum möchte auch das Handwerk der Musiker sehen.»
(NZZ, 18.2.2004)
Der Zürcher Veranstalter Tom Rist hat eine alte Tradition wiederbelebt, die musikalischer Spontaneität mehr Gewicht verleiht: Er lässt Bands mehrmals und mit abwechselnden Gästen auftreten, so dass der Besucher aus der Nähe mitverfolgen kann, wie die Musiker ihre Songs variieren, weiterentwickeln und neue Ansätze ausprobieren. Die Gruppen ihrerseits erhalten früh ein Feedback auf solche Änderungen. Die Idee der Resident-Bands verwirklichte Tom Rist erstmals vor drei Jahren im «Helsinki». [...] Vor einem halben Jahr dann hat Rist für das «Helsinki» eine neue Bleibe gefunden: im wesentlich passenderen Industriequartier direkt beim Bahnhof Hardbrücke. Rist hat die Garage des ehemaligen Erdgas-Areals in mühseliger Kleinarbeit in einen schlichten Klub verwandelt, der kurz vor der offiziellen Eröffnung nun den Charme einer illegalen Bar ausstrahlt.
(Markus Ganz, NZZ, 9.12.2004)
Lieber Viktor Bänziger
Dave Alvin, Marcel Kanche, Steve Wynn, Züri West, Mekons, Midnight To 6, Bebe & Serge, Bratsch, Cowboy Fantôme, Cat Power, Kinky Friedman, Johnny Dowd, Eleni Mandell, wen hab ich bei dir nicht alles gehört, sei es früher im El Internacional und jetzt im El Lokal. Letzthin waren es Jolly & the Flytrap, Dead Brothers, Giant Sand oder Joe King Carrasco. Ich habe bei dir kein, wirklich kein schlechtes Konzert ertragen müssen, sondern fast nur aussergewöhnliche erleben können. Obwohl das zweistöckige «Lokal» schwer zu bespielen ist. Weil gute MusikerInnen merken, wo sie dem Publikum und sich selbst Aufregendes bieten können. Danke schön dafür!
(Marcel Gamma, Die Wochenzeitung, 16.12.2004)